Keine Frage, die Infrarotfotografie ist sehr speziell. Der Betrachter eines Infrarotfotos liebt es oder kann nichts damit anfangen. Ein dazwischen gibt es selten. In der Fotografie ist die Infrarotfotografie eine ganz kleine thematische Nische. Warum beschäftige ich mich dann damit?
Meine erste Begegnung mit der Infrarotfotografie
Das genaue Jahr weiß ich nicht mehr genau. Es dürfte 1981 oder 1982 in meiner Ausbildung zum Einzelhandskaufmann Foto gewesen sein. Wir hatten im Ausbildungsbetrieb eine sehr gute Auswahl an Foto-Fachbüchern. In den Mittagspausen habe ich viele davon mit Begeisterung gelesen bzw. Fotobildbände betrachtet. Darunter befanden sich auch ein oder zwei Fachbücher über die Infrarotfotografie. Als ich zum ersten Mal ein Foto mit weißen Bäumen sah, war ich sofort begeistert. Diese traumhaft wirkende Darstellungen gefielen mir sehr gut.
Eine Kamera mit Metallgehäuse und ein Schwarzweiß-Labor hatte ich bereits. Dennoch habe ich damals nie einen Infrarotfilm belichtet. Die Investition in einen Infrarotfilter war mir damals zu teuer. Andere Fotothemen hat damals höheren Stellenwert. Halt, stimmt nicht. Einen Film habe ich doch belichtet. Allerdings habe ich dafür nur einen dunklen Rotfilter verwendet. Der Wood-Effekt war damit nicht abbildbar. Aber der Kontrast zwischen dunkelsten schwarz und hellstem weiß gefiel mir ganz gut. Wie gesagt, war mir ein Infrarotfilter zu teuer. Solch einer hätte 1/3 von meinem damaligen monatlichen Lehrlingsgehalt gekostet. Das Geld habe ich lieber in normales Filmmaterial investiert.
Weitere Inspirationsquellen der Infrarotfotografie
Danach geriet die Infrarotfotografie bei mir in Vergessenheit. Einige Male habe ich in der 80er und 90er Jahre auf Fotoausstellungen und Fotowettbewerben tolle Schwarzweiß-Infrarotfotos gesehen, welche mir sehr gut gefallen haben. Inzwischen hatte ich, auf Grund mehrerer Umzüge, kein eigenes Fotolabor mehr. Eine Neu-Investition in ein neues Fotolabor war für mich damals nicht finanzierbar. Die Infrarotfotografie wurde zum wiederholten Male zurück gestellt.
Meine ersten digitalen Infrarotfotos
Meine erste digitale Spiegelreflexkamera war eine Nikon D70. Diese kaufte ich 2005. Über das Internet fand ich Informationen, daß man mit manchen Digitalkameras auch Infrarotfotos machen kann. Also habe ich die D70 auf Infrarottauglichkeit getestet. Wie geht das? Ein Zimmer komplett verdunkeln. Kamera einschalten und mit einer Infrarotfernbedienung, wie beim Fernseher, eine Belichtung auf den Sensor bringen. Die Länge der Belichtungszeit ist vom Sperrfilter in der Kamera abhängig. Das muß man je nach Kamera individuell austesten. Wenn man selbst nach 30 oder gar 60 Sekunden keine Belichtung erkennt, ist die Kamera nicht für infrarote Lichtwellen geeignet. Bei der D70 gab es einen weißen runden Fleck. Der Infrarotsensor der Fernbedienung. Test bestanden.
Danach habe ich mir für ca. 100 € einen Infrarotfilter gekauft. Der Filter wurde für den größten Filterdurchmesser gekauft. Mit Adapterringen konnte ich ihn auf alle Objektive anpassen. Als es an einem Wochenende endlich sonniges Wetter gab, habe ich mir die Kamera, Infrarotfilter und Stativ geschnappt. Es ging in den nächstbesten Weinberg. Bei voller Mittagssonne war der Aufstieg bereits schweißtreibend. Immerhin fand ich einige interessant erscheinende Infrarotmotive. Jede Menge Weinreben, Obstbäume und Wiesen.
Vor dem Motiv baute ich das Stativ auf. Kamera auf das Stativ setzen. Schärfe manuell einstellen. Infrarotfilter vor das Objektiv setzen. Erste Belichtung mit 10 Sekunden per Fernauslöser machen. Nichts. Nur ein schwarzes Bild. Aufnahme mit 20 Sekunden wiederholen. Schon besser aber dennoch viel zu dunkel. Mit 30 Sekunden sah das Ergebnis schon halbwegs besser aus. Zumindest war Zeichnung auf dem violetten Bild zu sehen. Voll der Farbstich. Was soll das denn? Heute weiß ich das dies normal ist und im Nachgang per Bildbearbeitung optimiert werden muß. Einige Motive habe ich sicherheitshalber mehrfach abgelichtet. Danach ging es nach Hause.
Zu Hause habe ich die Bilddaten erst einmal in Lightroom importiert. Ich war erst einmal geschockt. Greller violetter Farbstich und sehr flauer Konktrast. Man sieht das Bescheiden aus. Eine gute Weile habe ich gebraucht, bis das Bild halbwegs gut aussah. Danach habe ich diese Einstellungen auf die anderen Fotos übertragen. Anschließend habe ich mir alle Aufnahmen einzeln genauer betrachtet. Meine Güte, jede Menge Ausschuß durch Verwackler. Trotz Stativ? Ja, meist hat sich das Laub an Bäumen und Sträuchern durch den Wind bewegt. Das ergab in einigen Bildbereichen verwischtes Laub. Man könnte es als kreative Umsetzung interpretieren. Mir gefiel das überhaupt nicht. Löschen. Danach blieben nur noch ein paar technisch einwandfreie Aufnahmen übrig. Manchmal war es zum Glück auch recht windstill. Die Ausbeite war allerdings relativ gering.
Bei weiteren Fotoausflügen mit dem Infrarotfilter war die Trefferquote zum Großteil noch geringer. Wenn nur 10% der Aufnahmen nicht verwackelt sind, ist das auf Dauer wenig motivierend. Schnell verschwand der Infrarotfilter im Fotoschrank in einer dunklen Ecke. Das Thema war in dieser Form, vorläufig beendet.
Mein Aufschwung in der Infrarotfotografie
Mein persönlicher Aufschwung in der Infrarotfotografie fing mit einer Fuji X-E1 an. Seit 2 Jahren hält dieser Aufschwung an. Angefangen hat es mit dem Kauf einer Fuji X-M1. Die Kamera wurde als Zweitkamera zur Nikon D610 für unterwegs und immerdabei gekauft. Das hat sie auch hervorragend erfüllt. Zu der Zeit habe ich mich auch im Fuji-X-Forum angemeldet. Dort gab und gibt es eine längere Diskussion über die Infrarotfotografie. Zu Beginn habe ich die Diskussionen und Erfahrungen interessiert verfolgt. Die ersten Bilder mit für die Infrarotfotografie umgebauten Fotos wurden präsentiert. Endlich ohne Stativ arbeiten! Das hat mich interessiert. Ich wollte auch solche Fotos machen können.
Dazu habe ich mir eine gebrauchte X-M1 gesucht. Der Plan war maximal 200 € für ein Kameragehäuse auszugeben. Seltsamerweise wurde zu dieser Zeit die Kamera meist teurer angeboten. Meine habe ich damals mit Setzoom unter 300 € als Neuware bekommen. Aber die wollte ich weiterhin als handliche Zweitkamera verwenden. Ein paar Wochen habe ich den Gebrauchtmarkt auf einem bekannten Online-Auktionshaus sondiert. Nichts. Alle Angebote waren über meinem Budgte. Danach habe ich nach alternativen Gehäusen von Fuji recherchiert. Die X-E1 erfüllte all meine Minimalanforderungen. Auf dem Gebrauchtmarkt vom Fuji-Forum wurde ich auch schnell fündig. 199 € für eine kaum gebrauchte X-E1. Nach Erhalt habe ich eine Anfrage bei IRre für den Infrarotumbau auf 830 nm gestellt. Ich erhielt ein Angebot, habe diese akzeptiert und an IRre die Kamera versendet. Zwei Wochen später erhielt ich die umgebaute Kamera bereits zurück. Die ersten Testaufnahmen waren vielversprechend. Seitdem fotografiere ich mehrmals im Jahr mit der Infrarotkamera. Die Ergebnisse kann man in der Fotogalerie betrachten.
Warum ist bei mir erst so spät der Infrarotfotogafie-Knoten geplatzt? Weil ich mir in jungen Jahren das erforderliche Zubehör nicht leisten konnte. Weil mir bei den ersten Digitalkameras die Anwendung zu umständlich war. Weil es mit der umgebauten Systemkamera richtig Spaß macht! Der Autofokus funktioniert. Im Live-View kann man das Endergebnis bereits hervorragend beurteilen. Ich brauche meist kein Stativ mehr. Bei Landschaftsaufnahmen gibt es kein Bewegungswischer mehr, da die Belichtungszeiten kurz gewählt werden können. Einfach fotografieren wie im sichtbaren Lichtspektrum. Warum nicht gleich so, dachte ich mir nach den ersten Fototests!
Die Wege zur Infrarotfotografie können ganz unterschiedlich sein. Ich denke mir heute oft, warum andere Fotografen immernoch so umständlich mit Filter herumfummeln? Die Fehlerquote ist bei mir nun auf ein Minimum reduziert. Wer weiterhin mit Filter und nicht umgebauter Kamera hantieren möchte, kann das natürlich gerne tun. Aber warum umständlich, wenn es auch einfacher geht?
Warum habe ich Spaß bei der Infrarotfotografie?
Weil die jetzige Kamera macht was ich will. Weil ich das Ergebnis im Live-View bereits vor der Aufnahme gezielter gestalten und umsetzen kann. Weil der Workflow schneller, effizienter, einfach besser ist. Weil ich endlich die Bildergebnisse erzielen kann, welche mir schon vor über 35 Jahren vorschwebten. Endlich kann ich diese gezielt und einfach umsetzen.
Ursprünglich hatte ich die Befürchtung, daß sich der Schwarzweiß-Infrarot-Effekt irgendwann bei mir abnutzen könnte. Nach über zwei Jahren ist das bisher nicht der Fall. Im Gegenteil. Ich habe noch so viele Fotomotive auf meiner to do Liste, daß ich garantiert noch Jahrzehnte für die Umsetzung benötige. Bei Landschaftsaufnahmen habe ich die Kamera oft als Ergänzung dabei. Mittags bei sonnigem Wetter wird in der Landschaftsfotografie häufig vom fotografieren abgeraten. Am Morgen oder Abend sei das Licht Stimmungsvoller. Das ist richtig. Allerdings kann man nicht jedes Motiv am Morgen oder Abend realisieren. Im Urlaub hat man nicht endlos Zeit um auf den passenden Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang zu warten. Da macht man zur Erinnerung auch mal um die Mittagszeit ein Foto. Mit einer Infrarotkamera ist genau diese Mittagszeit die beste Zeit. Viel Sonne bedeutet viel bzw. kräftigen Wood-Effekt. So kann ich mit der Infrarotkamera die Zeit zwischen Sonnenauf- und Untergang überbrücken.
Um es auf den Punkt zu bringen. Mit einem Umbau einer Systemkamera für die Infrarotfotografie, macht das Fotografieren riesigen Spaß. Was will man mehr?