Ich bin ein absoluter Fan und Befürworter von Systemkameras in der digitalen Infrarotfotografie. Wenn man es genau nimmt sind Spiegelreflexkameras ein Relikt des 20. Jahrhunderts. In dieser Zeit waren Spiegelreflexkameras über 60 Jahre die am meisten verkauften Kamerasysteme. Erfinder der Kleinbildkamera ist Oskar Barnack gewesen. Er entwickelte 1913 – 1914 die erste kompakte Kleinbildkamera. Als Film verwendete er den damals verbreiteten 35 mm Kinofilm. Durch den ersten Weltkrieg wurde die Weiterentwicklung der Kamera verzögert. 1924 kam die erste Leica Kleinbildkamera auf den Markt. Da diese gegenüber den bisherigen Kameras wesentlich kleiner war, trat dieses Kamerasystem schnell seinen Siegeszug um die ganze Welt an.
Durch die Digitalisierung war es für die Kamera-Hersteller am einfachsten, einfach weiterhin Spiegelreflex-Gehäuse mit digitalen Sensor zu bauen. Objektive und Zubehör gab es bereits. Warum sollte man das alles neu erfinden?
Als die ersten digtitalen Systemkameras auf den Markt kamen, gab es mehr Kritik- als Pluspunkte. Viel zu lange Auslöseverzögerungen. Viel zu hoher Stromverbrauch und geringe Akkulaufzeit waren nur ein paar Gründe die gegen eine schnellere Verbreitung sprachen. Inzwischen hat sich das komplett geändert. Digitale Systemkamera-Hersteller bieten eine breite Palette an Objektiven und Zubehör. Der Stromverbrauch wurde spürbar verringert. Die Displays wurden enorm verbessert. Die Gehäuse sind kleiner, handlicher und leichter als bei einer vergleichbaren Spiegelreflexkamera. 2018 wurden zum ersten Mal mehr System- als Spiegelreflexkameras verkauft. Es gibt heute kaum noch Argumente für eine Spiegelreflexkamera. Dies gilt auch für die Infrarotfotografie. Ich liste einfach mal die möglichen Vorteile einer Systemkamera in der Infrarotfotografie auf.
10 Vorteile digitale Systemkamera in der Infrarotfotografie
- Live-View-Funktion ist bei Systemkameras besser, da technisch einfacher umsetzbar. Der Vorteil ist auch bei der Infrarotfotografie, daß man das Ergebnis vor der Aufnahme beurteilen kann. Für mich eine der wichtigsten Faktoren in der effizienten Infrarotfotografie.
- Autofokus und manuelle Entfernungseinstellung muß bei Systemkameras nicht neu justiert oder manuell korrigiert werden. Das liegt an der Fokusiertechnik und der technische Konstruktion. Bei Spiegelreflexkameras muß bei vielen Objektiven die Entfernungseinstellung korrigiert werden. Wer unterschiedliche Objektive an einer DSLR nutzen möchte, muß sogar damit rechnen, daß er nicht alle mit der gleichen Korrektur nutzen kann! In einigen Fällen gibt es Abweichungen von Objektiv zu Objektiv.
- Die Belichtungsautomatik muß nicht neu justiert werden, da sie meist auch für infrarote Lichtwellen sehr gut funktioniert.
- Geringeres Gewicht. Da bei Systemkameras der Spiegel und das dafür benötigte Gehäuse enfällt, sind sie leichter. Eine leichtere Kamera ist häufiger im Einsatz, da das Fotografieren damit mehr Spaß macht.
- Digitales Display oder Sucher ist auch bei schlechten Lichtverhältnissen heller als ein optischer Sucher. Motive können auch in solchen Situationen besser beurteilt werden.
- Die Schärfentiefe kann bei den meisten Spiegellosen bereits im Sucher überprüft werden. Bei den besseren Modellen kann dazu eine Skala im Sucher oder Display eingeblendet werden.
- Fokus Lupe und oder Fokus Peaking sind beides Hilfsmittel im digitalen Display oder Sucher um die Entfernungseinstellung besser erkennen und einstellen zu können. Damit ist dies viel präziser und mit geringerer Fehlerquote als bei einer Spiegelreflex möglich.
- Bei neueren Systemkameras hat man sehr häufig eine höher mögliche Bildfrequenz, da keine Spiegelbewegung die Aufnahmen verzögert.
- Einige Systemkameras können kürzere Verschlußzeiten realisieren. Grund dafür ist das kein Spiegelschlag die Verschlußzeit bremst. Zudem wird die Serienfrequenz noch durch einen elektrischen Verschluß optimiert. Bei grellen Sonnenlicht kann ein elektrischer Verschluß mit noch kürzeren Verschlußzeiten durchaus hilfreich sein.
- Größere Objektivauswahl! Systemkameras haben meist ein geringeres Auflagemaß als Spiegelreflexkameras. Damit wird der Abstand zwischen Sensor und Objektivbefestigung geringer. Durch das kürzere Auflagemaß kann man viele Objektive mit anderen Anschlüßen an die Kamera adaptieren. Bei vielen Systemkameras gibt es inzwischen zahlreiche Objektivadapter. Auch viele alte Objektive kann man mit passenden Adapter wieder neu beleben und einsetzen.
Frühere Minuspunkte bei Systemkameras wurden bei aktuellen Modellen soweit reduziert oder abgestellt, daß sie kein Argument mehr gegen einen Kauf sind. In manchen Punkten wie der Autofokustechnik werden bei den guten Kameras sogar beide Techniken kombiniert. Kontrastautofokus wenn es exakt sein soll. Phasenautofokus wenn es schnell sein muß. Einziger mir sinnvoll erscheinende Grund für den Kauf einer digitalen Spiegelreflex ist, wenn man ein bestehendes System mit viel Zubehör und Objektiven hat. Bis vor 2 Jahren dachte ich auch nicht über einen Systemwechsel nach. Damals kaufte ich eine Fuji. Dabei dachte ich im ersten Moment, dass die Fuji die große Vollformat-Nikon nur ergänzen würde. Es kam aber viel besser. Die Fuji X-T2 war weitesgehenst gleichwertig in der Bildqualität. Sie hatte sogar bei manchen Motiven Vorteile. Nach der Eingewöhnungsphase mit der Fuji habe ich meine Nikon-Objektive bis auf 2 verkauft. Von dem Erlös habe ich mir einige neue Fuji-Objektive gekauft. Da der Wiederverkaufswert bei Nikon-Optiken meist sehr gut ist, musste ich bei den Fuji-Käufen nicht einmal Geld oben drauf legen. Aus meiner Sicht lohnt sich auch die Überlegung eines Systemwechsels. Nach einer Eingewöhnungszeit wird man nicht mehr mit einer klobigen und schweren Spiegelreflexkamera fotografieren wollen. So sind zumindest meine Erfahrungswerte.